Dr. Harald Tesan

Kunsthistoriker, Nürnberg

Zur Malerei von Joan Louis

"Joan Louis stammt aus Trujillo, einer Stadt am nördlichen Abschnitt des wüstenhaften Küstensaums am Fuß der Anden. Es regnet dort fast nie und trotzdem herrscht quasi ewiger Frühling. Mag sein, dass die nur durch Flussoasen und Grundwasser ermöglichte Vegetation in diesem Wüstenklima die Empfänglichkeit des Künstlers für alles Grünende und Blühende förderte. Befragt nach dem spezifisch "Peruanischen" in seiner Kunst, verweist der Maler auf die farbenprächtigen Trachten seiner Heimat. Das scheint zunächst ein überzeugendes Argument, wenn man das lebhafte Kolorit dieser in Öl gespachtelten

Bilder vor Augen hat.

Auf den ersten Blick ist es eine unschuldige malerische Poesie, betrachtet durch

erwartungsvoll aufgerissene Kinderaugen, die sich in diesen Rückzugsgebieten der

Phantasie auftut. In der Bildwelt des Joan Louis gibt es wie im Märchen Gitarre spielende Hunde und philosophierende Kühe. Seine Häuser scheinen wie Bäume in den Himmel zu wachsen, sind Baumhäuser im wahrsten Sinn des Wortes. Lustige Metamorphosen aus Architektur, Flora und Fauna treiben Blätter und bieten allen möglichen Tieren Zuflucht.

Angesichts des friedlichen Stelldicheins darf man sich an Paradiesdarstellungen erinnert fühlen, die eine wunderbare Utopie des konfliktlosen Zusammenlebens auf diesem Planeten beschreiben. Doch schwingen biblische Metaphern eher latent mit. Dem Maler geht es um allgemeine, für alle Völker und Religionen verständliche Chiffren. In einem umfassenden Sinn erweist er sich als ein Jünger von Jean-Jacques Rousseau, der ein Zurück zu natürlicher Ursprünglichkeit postulierte.

„Pachamama“ nennen die Völker der Anden ihre Leben und Fruchtbarkeit spendende Weltmutter. So wie Pachamama eine ausgleichende, omnipotente Kraft zwischen den Gegensätzen des Kosmos – gleichsam ein übergeordnetes raumzeitliches Prinzip – darstellt, ist Joan Louis in seiner Kunst um Konsens bemüht. Und wenn die traditionelle andine Kunst keine Abbilder für Pachamama kannte, nimmt auch Louis keine feste Personifizierung der „Mutter Erde“ vor. Vielmehr besingt der peruanische Künstler mit seinen farbenfrohen Gemälden die Schönheit und zugleich Zerbrechlichkeit einer in harmonischem Einklang befindlichen Umwelt. Hier schließt sich der Kreis zwischen der Neuen und der Alten Welt, zwischen Orient und Okzident, denn wie das Pachamama lebt die indische Philosophie vom Grundgedanken einer Einheit der Gegensätze. Nichts ist nur gut oder nur schlecht.

Der Zerstörung des natürlichen Lebensraums durch den Menschen setzt der Bilderzähler seine malerische Vision entgegen. Statt einer Arche Noah tauchen auf einigen Leinwänden Häuser auf, die hoch in den Lüften schweben, meistens angeordnet über Blütenkelchen. Insofern diese fliegenden Häuser für den Künstler das Unterwegssein verkörpern, sind sie durchaus ambivalent zu beurteilen. Einerseits stehen sie für geistige Beweglichkeit, also für Kreativität an sich. Andererseits symbolisieren die entwurzelten Häuser für den Künstler auch Migration; mit all ihren Chancen, aber auch Unwägbarkeiten.

Es gibt sie also doch: die kleinen Einsprengsel in der heiteren Welt des Joan Louis, die nachdenklich stimmen. Wer genau hinsieht, wird sie finden.

Wohl nicht zufällig sind die Ölgemälde von einer melodischen Rhythmik beseelt;

schließlich war Louis Musiker, bevor er sich ganz der Malerei widmete. Und so fabuliert er heute ganz mit dem Mittel der Farbe. Sie lässt er in schillernden Tönen und kontrastreichen Texturen auf der Leinwand tanzen. Gleich einem Komponisten, gelingt dem Maler ein fließendes Kontinuum, in dem die Grenzen zwischen Realität und Traum, zwischen Vergangenheit und Zukunft, aufgehoben scheinen. Sein persönlicher Stil vermittelt dabei spielerisch zwischen den ganz kleinen und den ganz großen Dingen. In dem er Bäume, Häuser, Vögel und Schmetterlinge in ausdrucksstarke Form- und Farbanalogien treten lässt, gelingen ihm poetische Entwürfe für eine friedliche Koexistenz von Natur und Zivilisation.

Bisweilen greift der Künstler Themen der lebendigen Andenkultur auf, doch stehen diese niemals im Vordergrund. Man kann sagen, dass er diese überlieferten Elemente durch die Brille eines modernen Menschen wahrnimmt. Schafft er sich seine eigenen Fantasiegötter, geschieht das immer auch mit einem Quäntchen Ironie. Ohne jegliche folkloristische Verklärung bedient sich Joan Louis einer universalen Bildsprache der Moderne. Sein lebensbejahendes, kosmopolitisches Konzept nimmt den Betrachter mit auf eine Reise jenseits ethnischer oder auch kolonialer Klischees. Das macht diese Malerei so  erfrischend sympathisch wie den Künstler selbst, der sich als Weltbürger begreift."


Tyler McMahon

Professor of English at Hawaii Pacific University, Editor at Casagrande Pre

"The Art of Joan louis defies simple classification. Abstract fields and shapes coexist with still-life and illustrative figures. The rich earthy tones show a loning for the essential qualities of both real objects and of nebulous ideas. The thick and swirling textures of these pictures allow us to witness,almost to experiencie,the very process of painting itself. While the work shows considerable influence from the indigenuos cultures of louis native Peru,this is not the art of nostalgia.The eye of this artist doesn't look simply backward not simply forward,but all around.Stylistically,The harmonizes pre-columbian influences with those modernism and expressionism. Rather than vainly trying to carve out an elusive singular identity from among the knotted fibers of Latin America'sinterwoven culture,Joan Louis celebrates its plurality and contradiction and reserves judgment. Most refreshingly,this artist is keenly aware that subject matter does matter,after all. the handling of Andean themes by these paintings is quite remarkable What would first seem to be symbolic entities gods and sacred animals are stripped of their representative qualities and shown to us for their aesthetics.These paintings remind us that beauty can transcend culture,geography and era."